Die erste (Aus-)Rüstung

Es begab sich zu jener Zeit, im Jahre 87 des UhU (profan 1946), als nach dem 2. Weltenbrand, alles knapp war. Jeder war auf der Suche nach Lebensmitteln. Der Erzbischof von Köln, Kardinal Frings, erlaubte den Bürgern sogar, Überlebenswichtiges zu „besorgen“, sog. „fringsen“. Dieser „Mundraub“ wurde nicht als Sünde gewertet und man brauchte das nicht beichten.

Es war damals die Zeit des Windmondes und der Frost hatte seine ersten Ausläufer gesandt. Es war für diese Jahreszeit schon richtig kalt. Es sollte der strengste Winter seit Jahren werden. Jeder der hatte, zog sich Jacken und warme Unterwäsche an. So auch ein Bauer, irgendwo im Düsseldorfer Süden, der noch vor dem ersten Frost sein Feld bestellen wollte, und sich morgens seine lange wollene Unterhose anzog.

Zu dieser Zeit plagte ihn ein lästiger Durchfall. Trotzdem ging er aufs Feld, um dort seinem Tagewerk nachzugehen. Und dann kam es wie es kommen musste: nach einiger Zeit übermannte ihn ein unbeschreibliche Druck, dem er nicht widerstehen konnte. Er schaffte es noch bis zum Felderand, aber da war es auch schon geschehen. Die schöne lange Unterhose war von oben bis unten vollgeschi…… Er zog sie aus, putzte sich damit den Rest ab, und warf sie weg.

Meine Eltern, Mutter hochschwanger, gingen zu dieser Zeit regelmäßig einen Spazierweg, der auch oft an Feldern vorbeiführte. Sie hatten für den Fall der Fälle immer eine kleine Falttasche dabei, genannt: „Kläu-Täschken“. (Aldi-Tüten gab es damals ja noch nicht). Am Feldrand konnte man des öfteren Reste von stehengebliebenen Salaten oder Gemüse finden. Das wurde mitgenommen. Restbestände von Feldsalat waren dabei eine besondere Köstlichkeit.

Wie sie die weggeworfene Unterhose sahen, aus reiner Wolle, war sofort klar: Trotz des momentanen Zustandes war das ein echt wertvolles Stück, ein Geschenk Gottes. „Die nehmen wir mit, da kann man was draus machen“.

Damals wurde Wäsche von Hand gewaschen und Waschzuber, Waschbrett, Wurzelbürste und Kernseife waren gängige Haushaltsmittel. Zu Hause wurde Lauge angesetzt, die Unterhose eingeweicht und dann, ich weiß nicht wie oft, gewaschen. Letztendlich war der ganze Schmutz raus und die Unterhose erstrahlte in hellem Beige und konnte nun getrocknet werden.

Dann wurde die Wolle aufgeribbelt und zu Knäueln gerollt. Es kam eine ganz schöne Menge zusammen. In der anschließenden Adventszeit wurde abends gestrickt, was das Zeug hielt. Die Wolle ergab eine Baby-Kombination aus Jäckchen mit Kapuze und einem kleinen Höschen. In jener Zeit, in der es nichts gab, ein unbeschreiblicher Luxus.
Und so wurde diese Weihnacht zu einem ganz besonderen Weihnachtsfest:

Es gab in einem sehr kalten Winter warme Kinderkleidung aus reiner Wolle, und was viel wichtiger war: Es kam ein Kind zur Welt, welches sich zwar für heilig Abend angekündigt hatte aber dann doch erst am 3. Januar 1947 geboren wurde.

PS: In diesem besonders harten Winter ist sogar der Rhein zugefroren.

Nach einer wahren Begebenheit niedergeschrieben von
Rt Padde-Problem

1 Wortmeldungen/güldene Bälle

  1. Tastaplaning says:

    Eine wunderbare Weihnachtsgeschichte! Und auch das dann 1947 geborene Kindlein ist ja heute in der Lage, aus unmöglichsten Zutaten Uhu wohlgefällige Dinge zu fechsen! Lulu!

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